Das Leben besteht zu einem großen Teil aus einer Suche. Nach dem richtigen Job, der richtigen Wohnung, dem richtigen Partner, oder schlicht (und dabei ist dies das komplizierteste!) nach dem Glück. Manchmal auch nur nach einer Situation, in der man ohne Schmerz existieren kann. Die Ansprüche an das, was man finden möchte, können wahnsinnig tief sinken, wenn man nur lange genug nichts gefunden hat. Aber ich glaube, vorbei ist das Leben erst, wenn man aufhört, zu suchen.

Vielleicht sucht man im Leben zuerst sehr lange nach der Antwort auf die Frage, was man will. Und wenn man glaubt, dass man die Antwort gefunden hat, sucht man eben nach dieser Antwort. Natürlich stellt sich dabei häufig heraus, dass das Leben ganz andere Pläne hat und einem Dinge gibt, an die man auf der Suche vorher niemals gedacht hat. Wer kann schon guten Gewissens von sich behaupten, zu wissen, was er will. Es gibt diese zauberhaften Augenblicke, in denen einem das Leben, das Schicksal, der Zufall oder wer auch immer etwas in die Hände spielt, das einen so glücklich macht, wie man es niemals für möglich gehalten hätte und gleichzeitig ganz anders ist als all die Dinge, von denen man überzeugt war, dass man ohne sie nicht leben kann.

You are everything I never knew I always wanted.

(Matthew Perry als Alex Whitman in „Fools Rush In“)

Aber wenn alles so wahllos ist, warum suchen wir dann? Selbsthilferatgeber empfehlen ja immer wieder, loszulassen, sich zu befreien von Erwartungen, Ansprüchen und allem, was wir als Ziel einer Suche begreifen können. Nicht mehr suchen, einfach kommen lassen. Ich kenne eigentlich niemanden, der das kann. Und ich weiß auch nicht wirklich, ob das gut wäre, zumindest für mich. Meine Ziele, meine Wünsche haben mich noch immer geleitet und an Orte geführt, an denen ich Glück fand. Sie haben sich auf der Reise immer wieder verändert, aber sie waren gute Ratgeber für mich.

Ich habe nach mir selbst gesucht und herausgefunden, dass es mir gut tut, mich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Ich habe nach Erfolg gesucht und bemerkt, dass man den mitunter teuer bezahlen muss. Ich habe nach Liebe gesucht und unter Schmerzen gelernt, dass sie sich nicht erzwingen lässt und dass sie manchmal nicht stark genug ist. Ich habe mir ein Zuhause in der großen, aufregenden Stadt gesucht und stattdessen ein Zuhause in einem anderen Menschen gefunden, als ich schon nicht mehr damit rechnete, dass man mich lieben kann. Wenn ich nach nichts gesucht hätte, hätte ich auch nichts gefunden.

Die verschiedenen Dinge, nach denen ich auf der Suche war, sie hatten eines gemeinsam: Ich suchte nach Substanz. Nach etwas, das bleibt, woran ich mich festhalten kann. Nach dem, was „nicht nur unerheblich und nicht nur vorrübergehend“ ist.

Nicht nur unerheblich

Wenn sich Wünsche erfüllen, entstehen daraus neue Wünsche. Plötzlich ist die Suche nach den Möglichkeiten für ein „Wir“ so viel wichtiger als die Suche nach dem „Ich“. Und so ist die Suche eben eine Lebensaufgabe. Hat man an einer Front etwas gefunden, tut sich an der anderen ein Mangel auf.

Vielleicht klingt das bedrohlich, weil es bedeutet, dass die Suche nie aufhört. Ich finde es eigentlich eher beruhigend. Ich habe größere Angst vor dem Stillstand als vor der ewigen Bewegung. Nur das Tempo, das muss meinem Geschmack nach nicht mehr anziehen, wie es das in meinen Zwanzigern gerne ständig tat, sondern darf sich gerne etwas entspannen. Die Suche ist kein 100-Meter-Sprint. Sie ist ein Marathon. Man muss sich seine Kräfte einteilen und die Leute gut aussuchen, die einen begleiten. Denn sie sind möglicherweise das beständigste Element – das, was nicht unerheblich ist und nicht vorübergeht.