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Brückenschläge und Schlagworte

Maribor / Ljubljana / Bled

In Veszprem habe ich eineinhalb Stunden nach einer Verbindung nach Slowenien gesucht, die nicht ueber Graz geht – das fand ich total albern. Endlich habe ich dann was gefunden und beginne die neunstuendige Fahrt mit der Etappe Veszprem – Zalaegerszeg, dort muss ich umsteigen in einen winzigen Zug von vielleicht 10 Metern Laenge, ein einziger Waggon. Der aechzt und ruckelt dann sehr angestrengt nach Hodoš, wo die Grenze ist. Die letzten Passagiere ausser mir sind an der letzten ungarischen Station ausgestiegen und ich fahre mit dem Schaffner alleine ueber die Grenze und steige in Hodoš aus- das ist ein totales Nest, das im Prinzip aus einem riesigen Bahnhofsgebaeude mit Zollbehoerde und allem Drum und Dran besteht und sonst aus gar nichts. Nur die slowenische Flagge weht stolz und froehlich ueber den Bahnhof. Ich habe dort eine Stunde Aufenthalt, das ist voellig skurril. Mich fasziniert diese voellig entvoelkerte Grenze. Was fuer ein Kontrast zur amerikanisch-mexikanischen Grenze zwischen El Paso und Ciudad Juarez, an der die zwei Staedte und Staaten nahtlos ineinander uebergehen und die Grenze in der Zivilisation ertrinkt! Weiter geht es ueber Murska Sobota und dann immerhin ohne Umsteigen, dafuer in einer absurden Suedkurve ueber Ormož, Ptuj und Pragersko nach Maribor.

In Maribor komme ich in einer WG von 5 Studenten unter, die aber alle arbeiten – ich komme gegen 20 Uhr an und wir sitzen lange in der Kueche, trinken Salbeischnaps und Wein und diskutieren ueber den Bolognaprozess. Ich moechte am liebsten sofort einziehen. Am naechsten Tag stehen Mojca un Rok, in deren Zimmer ich schlafe, frueh auf und ich setze mich dann irgendwann zum Fruehstueck in die Kueche. Ich fuehle mich wie zuhause. Den ganzen Tag laufe ich durch die Stadt, eigentlich laufe ich immer ein kurzes Stueck und sitze dann irgendwo eine Stunde lang und lese mein Buch – an der Drava, auf dem Glavni trg, im Stadtpark, oben auf dem Huegel Piramida. Das Wetter ist phantastisch und abends habe ich einen Sonnenbrand. Langsam trudeln verschiedene Mitbewohner in der Wohnung ein, Tilen kocht, wir trinken Wein, alle rauchen (nur ich bleibe stark!), es kommt Besuch, wir gehen tanzen bis nachts um 3. Es ist als wurde ich hier wohnen.

Am naechsten Tag nimmt Tilen Eva und mich im Auto mit nach Ljubljana. Auf dem Weg halten wir bei einem Weinbauern in der Naehe von Slovenska Bistrica, weil Tilen dort Wein kaufen will. Wir werden verkoestigt wie die Koenige: verschiedene Sorten kalter Braten, Schinken, Kaese, Raeucherwurst mit viel Knoblauch, Kaese, Brot, selbstgemachte Kuchen, zwei Sorten Wein, selbstgemachter Apfelsaft, Most, es hoert ueberhaupt nicht mehr auf! Es ist einfach wunderbar, und die Gesellschaft stimmt auch.

In Ljubljana angekommen finde ich relativ zuegig zu Mias WG – es ist schoen, auch mal bei jemandem unterzukommen, den man schon kennt. Sie hat ihren Freund Kalle zu Besuch, und am ersten Abend gehen wir noch durch den Regen auf die Metelkova, einen herrlichen alternativen besetzten Gebaeudekomplex mit vielen Clubs in ehemaligen Militaerbarracken. Am naechsten Tag entdecke ich Ljubljana – der Blick vom Schloss auf die verschneiten Berge in der Ferne ist unbezahlbar, die Stadt ist wunderschoen, die Menschen so freundlich – Slowenien begeistert mich restlos.

Abends gehen wir essen – zum Nachtisch gibt es Gibanica, einen Mohn-Topfen-Apfel-Walnuss-Strudel-Unfassbar-Lecker-Unbedingt-Sofort-Jeden-Tag-Essen-Wollen-Nachtisch. Ich habe von einer Freundin von Mias Mitbewohnerin auch ein Rezept bekommen. Der zweite Tag in der Hauptstadt ist ruhig, ich kaufe in einem herrlichen Antiquariat mit englischen Buechern – eine Empfehlung der Maribor-WG – Vladimir Bartols „Alamut“, einen slowenischen Klassiker. Auf die Lektuere freue ich mich sehr!

Heute in aller Fruehe dann der Bus nach Bled. Auf der Fahrt brechen die schneebedeckten Berge durch eine dicke Wolkenwand, das sieht so schoen aus! Leider nieselt oder regnet es den ganzen Tag, aber der Spaziergang um den herrlichen Bleder See mit dem Inselchen in der Mitte und die Fahrt mit dem Boot dorthin lasse ich mir nicht nehmen. Ich laeute die Wunschglocke und denke in dem barocken Kirchlein an meine polnischen Freunde und frage mich, wie es in Polen wohl aussieht nach dem Flugzeugunglueck.
Nachmittags laufe ich noch hoch zum Schloss. Dort gehe ich nicht hinein, der Eintritt ist unverschaemt teuer und schon die Bootsfahrt und der Eintritt auf der Insel waren nicht von Pappe. Aber ich waere nicht Papis Tochter, wenn ich nicht eine Alternative zum Blick von der Schlossmauer suchen wuerde. Ich besteige voellig unbefestigte Wege und laufe um das Schloss herum. Gott segne das Profil meiner Wanderstiefel, ungefaehrlich ist das nicht – aber ich werde mit einem atemberaubenden Blick auf den See belohnt.

Morgen muss ich in aller Fruehe einen Zug bekommen und fahre dann an die Kueste – da soll auch das Wetter wieder besser werden. Schon jetzt ist mir klar, dass dies nicht mein letzter Besuch in Slowenien sein wird, ich habe zu wenig Zeit fuer alles, was ich sehen moechte. Eine unfassbare Vielfalt, von Mittelmeerkueste bis zum Skifahren in den Alpen, Weinberge, Hoehlen, roemische Ruinen, es scheint hier einfach alles zu geben und nichts ist weiter als drei bis vier Stunden entfernt- es sei jedem ans Herz gelegt, sich davon selbst zu ueberzeugen!

4 Kommentare

  1. Meine Liebe,es ist sc schön immer deine Berichte zu lesen. Das weckt das Fernweh in mir und gleichzeitig freue ich mich so sehr, dass dein Traum nun deinen Erwartungen und Hoffnungen trifft, wenn nicht so gar weit mehr als das!Von den meisten Orten die du bereist, habe ich noch nie etwas gehört. Wenn ich dann lese wie begeistert du bist möchte ich sie glatt in mein "To See" – Buch schreiben. Aber wer weis ob und wann ich einmal dazu kommen werde. Somit genieße ich es mit deinen Worten durch Ungarn, Slovenien und sicher noch vielen andern Ländern zu reisen. Ich hoffe sehr, dann auch bald einmal in den Genuss von dem Mohn-Topfen-Apfel-Walnuss-Strudel-Unfassbar-Lecker-Unbedingt-Sofort-Jeden-Tag-Essen-Wollen-Nachtisch zu kommen ;-)Ich wünsche Dir noch eine super Zeit, weiterhin so tolle Menschen um dich herum und hoffe, du findest immer wieder einmal die Zeit zum schreiben….DrückiliWiebili

  2. Hey Mariella,Ich hab von Wiebke den link zu deinem Blog bekommen, hatte bisher aber nie richtig Zeit ihn zu lesen. Heute kränkel ich ein bisschen, da habe ich mich an deine Osteuropareise erinnert. Nun, eigentlich wollte ich ja nur die ersten Artikel lesen, jetzt bin ich beim letzten angekommen und freue mich schon auf neue Geschichten.Ein dickes Lob von mir für die Art wie du schreibst, unvoreingenommen ohne persönliche Empfindungen auszuklammern, genau so muss man (imo) reisen und erleben, um einen wirklichen Eindruck von Land und Leuten zu bekommen. Wenn du beschreibst, wie du dich in fremden Städten auf eine Bank setzt und die Szenerie auf dich wirken lässt, bekomme ich sofort Fernweh.Da ich wie so oft viel zu tun habe, bleibt mir jedoch nur weiterhin aus zweiter Hand zu erleben, sei dir deswegen sicher, dass dein Blog einen neuen Fan hat!Ich wünsche dir weiterhin alles Gute auf deiner Reise, auf das du tolle Orte und Menschen kennenlernst und viel erlebst. Viele Grüße aus HH, wo übrigens seit gut zwei Wochen der Frühling angekommen ist, und die Stadt erblühen lässt!Jan

  3. Puschel, wir sind seit gestern wieder im Lande und freuen uns herzlich an Deinen neuen Berichten! Ich kann Bled nicht finden auf der neuen Karte, aber was macht`s, die Richtung wird schon stimmen! Und —- ich habe natürlich Alamut bestellt, da sieht schon der Umschlag so aus, als ob wir beide es verschlingen könnten! Genieße alles weiter und geh` weiter so offenen Auges und offenen Herzens durch diese schöne Welt, wir bieten Dir nach der Heimkehr Affen und Chamäleons in unbegrenzter Anzahl! 100000 Küsschen!

  4. schööööön… 😉

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