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Brückenschläge und Schlagworte

Schlagwort: eltern

Ein Präsens wie ein Imperfekt

Es gibt Menschen, die fragen immer nach meiner Mutter. Nicht alle wissen, wie sie auf meine Erzählungen reagieren sollen, für die meisten ist es ein unbequemes, ein unheimliches Thema. Nicht nur die Demenz ist beängstigend, für Freund*innen im gleichen Alter ist es auch oft gruselig, sich mit dem Altern der eigenen Eltern auseinanderzusetzen. Manchmal habe ich den Eindruck, Demenz ist noch unvorstellbarer als der Tod. Trotzdem gibt es diejenigen, die immer nachfragen und sich ihrer Hilflosigkeit im Angesicht meiner Berichte nicht schämen. Und diese Anteilnahme ist wohltuend und heilsam.

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Erinnerungen, assoziativ

Es ist Ruhe eingekehrt. Jetzt, da die Gegenwart nicht mehr so vereinnahmend ist, habe ich Zeit, nachzudenken. Über früher. Und über dich.

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Gedächtnis. Erinnerung.

Sie verliert ihr Gedächtnis. 

Es ist verloren.
Oder hat sie es verlegt? 
Ist deshalb ihr Kopf so verlegen; 
hat sie ihn liegen lassen?

Vielleicht ist sie müde vom Liegen, 
vom Legen, vom Leben, 
vom Stehen, vom verStehen,
und deshalb so gar nicht mehr verSessen auf Neues…

Ein verSessel täte es nicht. Ich baute ihr gern eine verLiege, 
auf der sie ausruhen kann und wo der verStand nicht mehr stehen muss.

Verlieren, verlegen. Verliegen, verleeren.
Leer ist der Kopf aber nicht.
Er ist angefüllt mit Dingen, die an die Schädeldecke pochen.

Auch Erinnerungen sind dabei.
Sie kommen aus dem Nichts nach außen, 
von tief innen drinnen, 
sie weden zu Eraußerungen, Äußerungen,
ohne Sinn und Verstand, denn der Verstand
steht nicht mehr aufrecht.

Er hat sich hingelegt.
Er hat sich sicher verlegen
mit dem Gedächtnis zusammen.

So lange war ihr Gedächtnis auch mein Gedächtnis.
Ich will mich dazu legen und ihm zuhören, wie es spricht.
Auch ohne Sinn und Verstand. 

Sehnsucht nach den Eltern

In der Tagesschau spricht einer von den unsäglichen alten weißen Männern von Obergrenzen und „Verlierermodus“. Bei twitter werde ich von jemandem retweetet, der in seiner Timeline die „Zerstörung Deutschlands“ durch Muslime behauptet. Auf einer Internetseite, die ich zur Vorbereitung auf die Berliner Wahl zum Abgeordnetenhaus besuche, beschimpft ein SPD-Politiker mit wüsten Worten eine Kollegin von den Grünen. Nicht in einer Kommentarspalte oder auf einer Veranstaltung, auf seiner persönlichen Internetseite, auf der er seine Positionen erklärt. Mich frustriert und ärgert das alles.

Und dann sitze ich plötzlich in meiner Wohnung auf dem Holzdielenfußboden und weine bitterlich. Aus einem ganz anderen Grund. Mich überfällt eine riesige Sehnsucht nach meinen Eltern.

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